Thema des Monats April: "Bewegung und Krebs"

Zusammengestellt von Mag. Eva Sedaghat, Klinische und Gesundheitspsychologin bei der Krebshilfe Steiermark.

Bewegung und Krebs

Dass Bewegung einen positiven Effekt auf die Gesundheit hat, ist mittlerweile allgemein bekannt. Das Herz-Kreislauf-System wird angekurbelt, die Beweglichkeit wird gefördert, die Körperzusammensetzung verändert sich, was zur Verringerung des Übergewichts führen kann. Auch die Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit kann positiv beeinflusst werden. Menschen, die sportlich aktiv sind, fühlen sich insgesamt kräftiger und wohler. Auch bei Vorliegen einer Erkrankung ist die Durchführung von sportlichen Aktivitäten von Vorteil, zB bei Diabetes mellitus Typ 2, Fettstoffwechselstörungen, Demenz, etc.

Auch in der Onkologie gewinnt das Thema „Bewegung“ immer mehr an Bedeutung. Verschiedene Studien belegen mittlerweile, dass sportliche Aktivität einen positiven Einfluss hinsichtlich der Prävention von Krebs hat, sowie positive Effekte auch während einer bereits bestehenden Krebserkrankung aufweisen, sowohl bei krankheitsbedingten Symptomen als auch bei therapiebedingten Nebenwirkungen.

Wenn man den Aspekt der Prävention betrachtet, kann das Risiko von gesunden Menschen an gewissen Krebsarten zu erkranken durch regelmäßige Bewegung um bis zu 25 Prozent reduziert werden. In Bezug auf die Dauer und Häufigkeit der Durchführung von sportlichen Aktivitäten wird derzeit eine moderate körperliche Aktivität von 30 bis 60 Minuten pro Tag empfohlen, um das Risiko, an Krebs zu erkranken, zu verringern. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Menge an Sport und der Anti-Krebs-Wirkung: Je mehr Bewegung, desto größer der Effekt.  Selbstverständlich ist Vorsicht vor Überlastung geboten, es sollte ein moderates, an die individuellen Möglichkeiten der Person angepasstes Trainingsprogramm entwickelt werden. Als besonders vorteilhaft hat sich bisher eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining erwiesen. Eine Phase der Regeneration und Erholung sollte unbedingt an das Krafttraining angeschlossen werden. Weiters ist auch eine auf das Sportprogramm abgestimmte Ernährung wichtig, um den Körper nicht zu überfordern.

Für PatientInnen, die bereits an Krebs erkrankt sind, hat Sport jedoch wie bereits erwähnt sehr wohl auch Vorteile und positive Effekte. Es steigert beispielsweise die Lebensqualität, kann Symptome wie Müdigkeit und Depressionen reduzieren und verbessert Fitness und Muskelkraft. Es gibt auch Hinweise auf eine höhere Heilungsrate bei Brust- und Dickdarmkrebs. Dafür sind jedoch noch mehr beweisende Studien erforderlich. Weiters bestehen aus Beobachtungsstudien darüber hinaus Hinweise eines günstigen Einflusses von körperlicher Aktivität auf die Rezidivrate sowie das Überleben. In Bezug auf die Häufigkeit und Dauer der Durchführung der sportlichen Aktivität kann hier gesagt werden, dass das Bewegungsprogramm an den individuellen Zustand der PatientInnen angepasst werden muss. Wenn intensivere Bewegung möglich ist, werden 3 bis 5 Trainingseinheiten zu je 15-30 Minuten pro Woche empfohlen.

Die unterschiedlichen Trainingsarten

Ausdauertraining:  Dabei setzt man sich einem hohen Reiz aus um dauerhaft die Leistungsfähigkeit zu steigern. Der Erfolg hängt dabei natürlich von der Intensität und Häufigkeit des Trainings ab. In der Regel merkt man eine Veränderung der Belastbarkeit nach zwei bis vier Wochen. Ausdauersport hat eine positive Wirkung auf die Organe, auf das Hormon- und Nervensystem, sowie auf die Psyche, das Atmungssystem und das Herz-Kreislauf-System. Beliebte Ausdauersportarten sind Walken, Radfahren, Schwimmen und Nordic Walking.

Krafttraining: Diese Art von Training kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn durch die Krebstherapie die Muskelmasse wesentlich zurückgegangen ist. Die geschwächten Muskeln sollen wieder aufgebaut und der Alltag leichter bewältigt werden. Für das Krafttraining empfiehlt es sich Geräte oder Kleingeräte wie Fitnessband und Hanteln zu nutzen. Bevor mit dem Training gestartet wird, sollte ein Krafttest von einem Sportmediziner oder Sportwissenschaftler durchgeführt werden, um der Überlastung vorzubeugen.

Koordinationstraining: Dieses Training spielt vor allem in der akuten, aber auch in Rehabilitationsphase eine wichtige Rolle. Jeder Bewegungsablauf besteht aus der Koordination zwischen verschiedenen Muskeln.

Beweglichkeitstraining: Diese Art von Training richtet sich an die Beweglichkeit des Körpers. Diese wird in den anderen Trainingsbereichen vernachlässigt und nimmt daher einen separaten Platz ein. Beweglichkeit lässt sich mithilfe eines Partners oder allein trainieren. Ziel des Trainings sind eine gelockerte Muskulatur, die Prävention von Fehlhaltungen und Muskelverkürzungen sowie eine bessere Durchblutung.

Warum wirkt Sport gegen Krebs?
Die biologischen Mechanismen, die der Erklärung dienen, warum Sport einen direkten Einfluss auf Krebs hat, sind weitestgehend noch unbekannt. Ein Grund dafür ist natürlich auch, dass das Wachstum von Tumoren abhängig von sehr komplexen Vorgängen ist. Da körperliche Aktivität allerdings fast alle Organsysteme anregt und auch das Gehirn beeinflusst, wirkt sich dies auch auf die der Krebsentstehung zugrunde liegenden Faktoren aus. Die Durchblutung des gesamten Körpers wird gefördert, was wiederum den Krebszellen das Überleben erschwert. Weiters sind bösartige Zellen in ihrem Wachstum  auf die Abbauprodukte von Glukose angewiesen, die bei sportlicher Betätigung vermehrt verbraucht werden.  
Sport bringt den Körper auf Touren und kann helfen, ein gesundes Körpergewicht zu halten. Weiters hat Bewegung wie bereits erwähnt positive Effekte auf die Psyche, was sich ebenfalls  auf die allgemeine Befindlichkeit und auf das Immunsystem auswirkt. Als tumorspezifische Effekte kommen ferner der Einfluss auf Sexualhormone, antioxidative Wirkungen oder eine Verbesserung von DNA-Reparaturmechanismen infrage, weiters auch die Verringerung von körpereigenen Botenstoffen und Insulin. Hinzu kommen weitere Mechanismen, die für bestimmte Arten von Krebs entscheidend sind: Durch das Anregen des Stoffwechsels wird beispielsweise die Kontaktzeit gewisser krebserregender Stoffe in Magen und Darm verkürzt. Bei Frauen mit hormonabhängig wachsendem Brustkrebs senkt Sport den Östrogenspiegel in Blut und Gewebe – zu vergleichen wie eine medikamentöse antihormonelle Therapie.
Nicht außer Acht zu lassen ist auch die mit Sport einhergehende gesündere Lebensweise: Wer Sport treibt, verzichtet oft gleichzeitig auf den übermäßigen Konsum von Nikotin oder Alkohol. Es kommt meist zur Veränderung der Körperwahrnehmung bzw. wird diese bewusster, sodass Veränderungen des Körpers bzw. des Befindens öfters bereits in einem früheren Stadium der Krebserkrankung wahrgenommen werden und somit einen früheren Therapiestart ermöglichen. Ein Beispiel wäre der Gewichtsverlust in den ersten sechs Monaten der Krebserkrankung. Ist man sich über den Stand der eigenen Leistungsfähigkeit im Klaren, können Symptome frühzeitig erkannt werden.

Bevor PatientInnen mit sportlichen Aktivitäten beginnen, ist es empfehlenswert, dies mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.

Literatur:
www.krebsgesellschaft.de
Thaler, J. &  Piringer, G.: Die Rolle von Bewegung und Sport in der Onkologie am Beispiel des kolorektalen Karzinoms (2017).