Thema des Monats April: "Sekundäre Pflanzenstoffe: Schützen Kurkuma & Co vor Krebs?"

Zusammengestellt von Jane Bergthaler, BSc MSc
Diätologin bei der Krebshilfe Steiermark.


Zusammengestellt von Jane Bergthaler, BSc MSc
Diätologin bei der Krebshilfe Steiermark.

Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe & Krebserkrankungen:
Was sagt die Wissenschaft?

Der Einfluss der Ernährung in Bezug auf onkologische Erkrankungen kann aufgrund epidemiologischer Daten und wissenschaftlichen Beweislage heutzutage nicht mehr in Frage gestellt werden. Die tägliche Ernährung nimmt Einfluss auf den Stoffwechsel und dieser wiederum auf das Krankheitsgeschehen im Verlauf einer Tumorerkrankung.

Die Ernährung liefert wichtige Schutzstoffe, die die körpereigene Abwehrkraft stärken und den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. 

 

Der Verzehr gewisser Lebensmittel – im Speziellen Gemüse und Obst, aber auch Getreideprodukte und Gewürze – steht eng im Zusammenhang mit einem reduziertem Risiko für bestimmte Krebsarten.

 

Eine Schlüsselrolle spielen hierbei die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe.

 

„Sekundäre Pflanzenstoffe“

Diese Pflanzeninhaltsstoffe sind bioaktive Moleküle, die – im Gegensatz zu den primären Pflanzenstoffen wie Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette – für die Pflanze nicht lebensnotwendig sind, aber verantwortlich für beispielsweise deren charakteristischen Geschmack und Geruch.

Sie dienen auch als Abwehrstoff gegen Fressfeinde und regulieren den Wachstum der Pflanze.

 

Bedeutung für den Menschen

Sekundäre Pflanzenstoffe sind für den Menschen nicht lebensnotwendig. Sie können aber die Gesundheit und das Immunsystem verbessern, indem sie das Risiko für diverse Krankheiten verhindern oder die Leistungsfähigkeit verbessern. Paradebeispiele wären hierfür Curcumin, Reservatrol, Polyphenole wie Flavonoide, Isoflavone, Phenolsäuren.

 

Von 60.000 bis  100.000 Einzelsubstanzen wird derzeit ausgegangen, wobei nur ein Bruchteil erforscht ist.  Zu den bekanntesten zählen:
 

* Carotinoide – z.B. in Karotten, Tomaten, Paprika, Kürbis, grünem Gemüse, Marillen, Zitrusfrüchten

* Flavonoide – z.B. in Äpfel, Birnen, Trauben, Beeren, Kirschen, Kakao, Melanzani, grünem Tee

* Sulfide – z.B. in Zwiebel, Lauch, Knoblauch, Kohlgemüse

* Glukosinolate – v.a. in Kohl- und Krautarten, Rettich, Radischen, Kresse, Kren

* Phytoöstrogene – v.a. in Hülsenfrüchten, Ölsaaten wie Leinsamen, Vollkorngetreide

 

 

Viele bioaktive Inhaltsstoffe haben krebspräventives Potential, können ebenso die Tumorfortschreitung beeinflussen, indem sie Krebszellen direkt angreifen oder deren Umgebung so verändern, dass das Zellwachstum erschwert wird.

Ist ein Lebensmittel besonders reich an sekundären Pflanzenstoffen, wird es gerne auch als „Nutrazeutikum“ bezeichnet. Somit ist die pauschale Empfehlung „mehr Obst und Gemüse“ zu essen, insbesondere für Krebsbetroffene zu allgemein gehalten. Denn jede Lebensmittelgruppe hat Auswirkung auf bestimmte Krebsformen.

 

Eine ausgewogene Mischkost mit ausreichend Gemüse, Salate, Obst enthält rund 1,5 g sekundäre Pflanzenstoffe, was der Aufnahme von 5.000 bis 10.000 verschiedenen phytochemischen Verbindungen entspricht. Zubereitungsmethode, Aufbewahrung und Konservierung können den Gehalt in den Lebensmitteln beeinflussen:
 

* Bsp. Lykopin (Carotinoid in Tomaten):
   Erzielung einer Wirkungssteigerung durch Kombination mit einem Fettträger – z.B. Tomatensauce und
   Olivenöl. Generell sind verarbeitete Tomatenprodukte Lykopin-reicher als rohe Tomaten:
    Bsp. Tomatenmark: 29 mg/100g versus 3 mg rohe Tomaten.
 

* Bsp. Curcumin (Polyphenol im Kurkuma):
   Die Kombination mit Piperin (Pfeffer) bringt eine 2000-fach höhere Resorptionsrate.
 

* Bsp. Glukosinolat (Senföl im Brokkoli):
   Eine Lagerungstemperatur von ~ 20°C. über mehrere Stunden verzeichnet einen Glukosinolat-Verlust
   von bis zu 80%.
   

Eine entsprechend kühle Lagerungstemperatur und eine schonende Zubereitung (v.a. Dünsten, Garen) sind generell vorteilhaft für den Nährstofferhalt. Von der Ernte auf den Teller wäre natürlich der Idealfall.

 

Beispiel Kurkuma

Kein Gewürz ist so eng mit Krebsprävention verbunden wie Kurkuma. Und über kaum einen anderen Gewürzinhaltsstoff gibt es so viele Übersichtsarbeiten, die potenziell krebsprotektive Eigenschaften betreffen wie über Curcumin. Dieser „Farbstoff“ ist zu ca. 2-5% Teil der Kurkumawurzel und verantwortlich für die meisten biologischen Wirkungen (antientzündlich, antioxidativ, Zelltod-induzierend, wachstumshemmend, enzymmodulierend).

 

Diese Substanz ist ein Paradebeispiel eines Nahrungsinhaltsstoffes, der aufgrund Laboruntersuchungen große Hoffnungen geweckt hat. In Studien an Menschen konnten diese aber – bislang – nur bedingt bestätigt werden. Ein grundlegendes Dilemma hier: Die hohen Dosen bei Studien mit Zellkulturen können bei Lebewesen aufgrund der begrenzten Aufnahmekapazität im Verdauungstrakt nicht erreicht werden. Wobei es immer mehr Studien zur Erhebung eines möglichen krebspräventiven Effekts bzw. zur Linderung von Therapienebenwirkungen (Chemo-/Radiotherapie) gibt. Bis dato sind die Ergebnisse vielversprechend, weitere Untersuchungen sind aber noch erforderlich.

Exemplarisch brachte eine 30-tägige Zufuhr von 4 g Curcumin pro Tag eine 40%ige Reduktion von Darmkrebsläsionen. Diese Menge scheint gut verträglich zu sein.

 

Die täglich empfohlene Aufnahmemenge liegt zwischen 0,45 - 8 g Curcumin. Auf Kurkumapulver bezogen, würden 4 g Curcumin mehr als 100 g bedeuten. Wenn man bedenkt, dass in einem 4-Personen-Gericht üblicherweise ein Teelöffel á 3 g Kurkuma verwendet wird – eine Menge, die oral nicht schaffbar ist.

 

 

 

 

Weitere potente sekundäre Pflanzenstoffe (Querschnitt aus verschiedenen aktuellen Studien)

* Phytoöstrogene (v.a. Soja):        Der Verzehr von 55 g Isoflavonen/Tag prämenopausal zeigt eine 50%
                                                      geringere Brustkrebsrate.
                                                      Ein regelmäßiger Verzehr von mindestens ~25 mg Isoflavone pro Tag
                                                      (Zufuhr bereits vor Pubertät) wird empfohlen.
                                                      z.B. ~200 mg/100 g Sojamehl, 28 mg/100 g Tofu
 

* Sulfide (v.a. Lauchgemüse):       Täglicher Konsum von Lauchgemüse (Knoblauch, Zwiebel etc.) zeigt eine
                                                      79%ige Risikoreduktion von Kolon-Karzinom.

 

 

Bei sekundären Pflanzenstoffen ist bei einer isolierten Gabe Vorsicht geboten, da es zu unerwünschten Wirkungen kommen kann. Größere Mengen bedeuten nicht zugleich eine Wirkungssteigerung.
Als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes können natürliche Stoffwechselregulatoren, wie sekundäre Pflanzenstoffe es sind, ihre beste Wirkung entfalten, wenn sie im Verbund mit anderen Lebensmittelinhaltsstoffen  (Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelemente etc.) aufgenommen werden – sprich: Der „farbenfrohe“ Mix einer gesunden Mischkost macht es aus.

 

Darüber hinaus haben pflanzliche Lebensmittel eine niedrige Kaloriendichte, bedeutet präventiv gesehen: „Weniger Kalorien = weniger Übergewicht = weniger Krebsrisiko“.

 

 

FAZIT

  • Nach derzeitigem Kenntnisstand können aufgrund mangelnder Interventionsstudien für einzelne sekundäre Pflanzenstoffe keine konkreten Zufuhrempfehlungen abgeleitet werden. Die beste Wirkung liegt vermutlich im natürlichen „Lebensmittelverbund“, im Rahmen einer gesunden, abwechslungsreichen Ernährung mit Beachtung der Saisonalität und Regionalität.  Gemüse, Salate, Obst sollten ca. die Hälfte einer Mahlzeit ausmachen. ev. Abb. Gesunder Teller , zB www.hsph.harvard.edu/nutritionsource/healthy-eating-plate/translations/german/:
  • Der präventive Effekt von vermehrtem Konsum an pflanzlichen Lebensmitteln ist nachweislich und unbestritten.

(Literatur bei der Autorin aufliegend)