Thema des Monats April: "Zucker - ein Thema für sich"

Zusammengestellt von Jane Bergthaler, BSc MSc, Diätologin bei der Österr. Krebshilfe Steiermark.

Zucker - ein Thema für sich

Das Verlangen nach Zucker steckt uns quasi in den Genen. In der Entwicklungsgeschichte der Menschheit sicherte diese süße Nahrungsvorliebe das Überleben. Unsere Vorfahren als Jäger und Sammler konnten dadurch ungiftige, energiereiche Lebensmittel finden.
Heute, wo kein Jagen und aufwändiges Nahrungssammeln mehr nötig ist, bedeutet diese „Zuckervorliebe“ keinen (Überlebens-)Vorteil mehr – ganz im Gegenteil. Ein Übermaß an Süßem kann – im wahrsten Sinn des Wortes – schwerwiegende Probleme mit sich bringen.

Übergewicht, vor allem im hohen Bereich, ist der größte Risikofaktor für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie z.B. Diabetes mellitus Typ 2 und Bluthochdruck, steht aber auch im Zusammenhang mit Arthrose und Krebs.
Und von Übergewicht ist in Österreich knapp die Hälfte der Erwachsenen betroffen (Österreichischer Ernährungsbericht 2017).
Im Durchschnitt nimmt ein Erwachsener am Tag rund 100 Gramm Zucker zu sich. Das ist circa das Doppelte der maximal empfohlenen Menge der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – welche derzeit bei täglich maximal 50 Gramm für den Erwachsenen liegt (noch besser wären nur 25 Gramm). Das sind gerade einmal 12 Teelöffel (bzw. 6 Teelöffel) - eine Menge, die mit verarbeiteten Lebensmitteln (Fertigprodukten) schnell erreicht wird. Alleine schon in einem kleinen Becher Fruchtjoghurt sind 4,5 Teelöffel Zucker enthalten, in einer 30 Gramm Packung Ketchup verstecken sich bereits 2 Teelöffel.

Viel Zucker wird also nicht nur in Süßigkeiten verarbeitet, sondern viel mehr noch in herkömmlichen Lebensmitteln (circa zwei Drittel des verzehrten Zuckers entfällt auf diese Lebensmittel). Ein Problem bei der Sache: In der Zutatenliste taucht Zucker meist nicht als Zucker auf, sondern gut getarnt als Fruktose, Malzzucker, Invertzuckersirup, Maltodextrin usw. auf.
Immer öfter wird auch mit Aussagen wie „weniger Fett“ und „weniger süß“ geworben.
Fett und Zucker sind aber Geschmacksträger. Ist von einem weniger drinnen, kommt vom anderen häufig mehr hinein, um den Geschmack zu erhalten. Deswegen heißt „weniger Fett“ oft „mehr Zucker“ und „weniger süß“ heißt nicht automatisch „wenig süß“, sondern lt. Lebensmittelgesetz nur „30 Prozent weniger süß“ als ein Vergleichsprodukt.
Für die Industrie ist Zucker eine billige Zutat, da er leicht zu gewinnen und geschmacklich und technologisch nur schwer zu ersetzen ist. Der Konsument wünscht sich schließlich wohlschmeckende Lebensmittel. Genau bei diesem Punkt können wir als Konsumenten aktiv werden: Öfters einmal die süßen Sachen im Regal lassen und so NEIN zu so viel Zucker sagen!

Der Slogan „nur natürliche Süße“ klingt zwar nach einem gesunden Lebensmittel, allerdings handelt es sich hierbei oft um ein hochkonzentriertes Pulver aus verschiedenen Zuckerarten, dass dem Haushaltszucker gleichzusetzen ist.
Gewissheit über den Zuckergehalt eines Lebensmittels schafft – neben dem Blick auf die Zutatenliste – nur der Blick auf die Nährwerttabelle, die auf jeder Verpackung abgedruckt sein muss. In der Zeile „Kohlenhydrate, davon Zucker“ ist der Wert pro 100 Gramm des jeweiligen Lebensmittel angegeben.  
Selbstverständlich macht nicht nur Zucker dick, aber süße Sachen schmecken gut und sie machen in der Regel nicht so anhaltend satt wie ein Vollkornbrot, ein Salat oder eine Banane. Also essen viele mehr, als ihnen gut tut. Von den gezuckerten Getränken ganz abzusehen.
Sicher ist auch Obst aufgrund des enthaltenen Fruchtzuckers süß, aber dieser natürliche Zuckergehalt wirkt sich bei weitem nicht so nachteilig auf die Gesundheit aus wie verarbeitete Lebensmittel und Getränke. Außerdem hat Obst den entscheidenden Vorteil, zusätzlich viele Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe zu liefern.  Circa zwei Stück Obst pro Tag wären ideal (ein Stück entspricht in etwa der Größe einer Faust).

Durch den Griff zu Zuckeralternativen glauben viele Konsumenten sich und ihrer Gesundheit Gutes zu tun. Die Frage bei der Suche danach ist, warum der Zucker ersetzt werden möchte.
Geht es ums Kalorien sparen (z.B. bei bestehender Zuckerkrankheit oder Übergewicht), sind kalorienärmere bzw. kalorienfreie Süßungsmittel die erste Wahl.
Künstliche Süßstoffe wie Aspartam, Acesulfam und ähnliche, allesamt kalorienfrei, sind keinesfalls unbedenklich, stehen im Verdacht appetitsteigernd, ja sogar krebserregend zu sein. Besser geeignet wären hier Stevia oder Erythrit – wobei, auch nicht uneingeschränkt unbedenklich.
Geht es bei der Suche nach einer Zuckeralternative wiederum um den Geschmack, sind Honig, Melasse oder diverse Dicksäfte eine Möglichkeit.
Ein großer Vorteil von Honig ist, dass er prinzipiell ein Naturprodukt ist, und es auch viele regionale Anbieter gibt. Im Unterschied zum Kristallzucker stecken im Honig wertvolle Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Pollen, Enzyme, Mineralstoffe und Vitamine, natürliche Aromastoffe und er hat eine leicht antibakterielle, entzündungshemmende Wirkung.
Aber: Schaut man sich den Gehalt der Inhaltsstoffe pro 100 Gramm Honig an, müsste man schon einen ganzen Kübel voll essen, um von dem Mehr an Inhaltsstoffen groß zu profitieren. Dies gilt ebenso für alle anderen unraffinierten Zuckerarten wie Vollrohrzucker, Kokosblütenzucker, Agavendicksaft, Ahornsirup & Co.
Ein Aspekt, der bei all den exotischen Zuckeralternativen dazukommt, ist der ökologische. Die aufwändige Herstellung, die langen Transportwege sind nicht außer Acht zu lassen.

Was bleibt: Der Geschmack. Dieser steht außer Frage.
Und darüber hinaus gilt auch hier: Weniger ist mehr!
Fazit: Viel vernünftiger und auch gesünder wäre es, sich generell seltener dem eigenen Süßgusto hinzugeben. Anfangs vermutlich herausfordernd, aber das Verlangen auf Süßes wird mit der Zeit des Durchhaltens automatisch weniger – ein Versuch lohnt sich allemal!