Zusammengestellt von Mag. Monika Barwig, Klinische Psychologin und Psychotherapeutin i.A.u.S. bei der Krebshilfe Steiermark.
Wie begegnet man einer körperlichen Lebensbedrohung?
Die Diagnose Krebs trifft Menschen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Plötzlich ist nichts mehr so wie es war. Auf den ersten Schock nach der Diagnose folgt oft ein Chaos der Gefühle: Angst, Fassungslosigkeit, Wut, Trauer und Hilflosigkeit können den Alltag bestimmen.
Vor allem Ängste gehören zum Leben mit Krebs dazu. Wie wird die Krankheit verlaufen? Werde ich wieder gesund werden? Welche Behandlungen kommen nun auf mich zu und wie werde ich auf diese reagieren? Was passiert, wenn die Krankheit fortschreitet? …….
Die mit der Krankheit in Verbindung stehenden Ängste können viele Jahre bestehen oder sich mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Erstbehandlung verringern.
Viele Betroffene möchten ihre Ängste am liebsten wieder loswerden und setzen sich dabei sehr unter Druck. Sie fordern von sich stark zu bleiben und aufkommende Gefühle möglichst zu unterdrücken in der Hoffnung, dass diese dadurch verschwinden.
Diese Wünsche sind zwar nachvollziehbar jedoch angesichts der veränderten Lebenssituation schwer zu erfüllen. Ein Leben frei von jeglicher Angst ist zudem nicht sehr empfehlenswert, erfüllt die Angst doch eine wichtige Funktion in unserem täglichen Leben. Im Allgemeinen gibt die Angst uns Auskunft über die Bedrohlichkeit einer Situation. Die Krebserkrankung stellt eine ernsthafte Bedrohung unserer Gesundheit dar. Im Sinne der Krankheitsangst könnte die Angst dazu dienen, die Situation ernst zu nehmen und achtsam zu sein für das, was wir jetzt brauchen und was uns jetzt helfen könnte. Zum Problem wird die Angst erst dann, wenn sie zu einem ausgeprägtem Vermeidungsverhalten führt. Damit ist gemeint, dass wir uns aus Angst zum Beispiel wichtigen Behandlungen verwehren, keine Arzttermine wahrnehmen oder uns mehr und mehr aus dem Leben zurückziehen (kaum mehr soziale Kontakte pflegen, das eigene zuhause nur mehr selten verlassen, kaum mehr Aktivitäten durchführen usw.).
In diesem Fall empfiehlt es sich psychologische bzw. psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch eine medikamentöse Unterstützung zur Linderung von sehr stark ausgeprägten Ängsten kann hilfreich sein.
Aus psychologischer Sicht empfiehlt es sich die Angst anzuerkennen und anzunehmen. Das bedeutet sich einzugestehen, dass man sich in einer neuen bedrohlichen Situation befindet und die Angst ihre Berechtigung hat. Eine akzeptierende Haltung den eigenen Gefühlen gegenüber kann außerdem dazu beitragen, dass sich diese automatisch verringern, da sich die Bewertung darüber verändert. Druck fällt weg, wenn man nicht mehr versucht das Gefühl um jeden Preis zu verdrängen, sondern ihm einen gewissen Raum gibt. Dies kann so aussehen, dass man die Angst für eine gewisse Zeit lang aktiv zulässt durch Selbstbeobachtung (Wovor habe ich gerade Angst und wie macht sich dies bei mir bemerkbar? Was könnte im schlimmsten Fall passieren und was kann ich dagegen tun? Welches Bedürfnis löst die Angst in mir aus?) Vor allem die Frage nach dem damit verbundenen Bedürfnis ist eine wichtige, da sie Aufschluss darüber geben kann, warum Ängste gerade da sind.
Bei unspezifischen immer wieder auftretenden Ängsten oder körperlichen Erregungszuständen können Entspannungstechniken Linderung schaffen. Geeignet sind hier Methoden wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, das Autogene Training, Atemübungen, Fantasiereisen, Meditationen oder Achtsamkeitsübungen.
Regelmäßige Bewegung oder sportliche Aktivitäten sowie eine ausgewogene und gesunde Ernährung helfen ebenfalls dabei das körperliche Erregungsniveau zu senken und seelische Ausgeglichenheit zu fördern.
Sind Ängste situativ sehr stark ausgeprägt so hilft es, sich für eine gewisse Zeit lang davon abzulenken. Geeignet dafür sind Aktivitäten, die Konzentration und volle Aufmerksamkeit erfordern und bestenfalls mit positiven Gefühlen verbunden sind wie zum Beispiel ein spannendes Computerspiel spielen, etwas Lustiges im Fernsehen anschauen, ein interessantes Buch lesen, Rätsel lösen, schöne Musik oder ein Hörspiel hören, etwas malen, basteln usw.
Und schließlich hilft es auch mit einer Vertrauensperson über seine Ängste zu sprechen.
Auch die Krebshilfe bietet diesbezüglich professionelle Unterstützung an. Sollten Sie betroffen sein, so können Sie sich gerne persönlich oder auch anonym für ein Gespräch an uns wenden. Alle unsere Angebote sind für Sie kostenfrei und Ihre Anliegen werden vertraulich behandelt!