Thema des Monats Juni: "Mama/Papa hat Krebs"

Zusammengestellt von Mag. Nina Bernhard, Bakk., Klinische und Gesundheitspsychologin und Beratungsteamleiterin bei der Krebshilfe Steiermark.


Mama/Papa hat Krebs: "Wie sage ich es meinem Kind?"

In Österreich leben etwa 315.000 KrebspatientInnen mit ihren unzähligen Angehörigen. Leider sind auch sehr junge Menschen nicht vor Krebs geschützt und so kommt es, dass betroffene Eltern ihren minderjährigen Kindern erklären müssen, dass Mama/Papa sehr krank ist.

Schon kleine Kinder können bedrohliche Situationen spüren, bemerken Veränderungen schnell und fühlen ihre Existenzgrundlage bedroht. Wenn Kinder dafür keine Erklärung haben denken sie, dass dieses bedrohliche „etwas“ mit ihnen zu tun hat. Das kann zu Schuldgefühlen führen. Deshalb sollte man mit seinen Kindern zu einem passenden Zeitpunkt ein aufklärendes Gespräch führen. Ein passender Zeitpunkt ist dann gefunden, wenn sowohl Sie als auch Ihr Kind / Ihre Kinder offen für ein Gespräch sind. Wenn Sie mehrere Kinder haben kann es sinnvoll sein mit den Kindern einzeln zu sprechen, da das Thema Krebs altersgerecht erklärt werden sollte.

Eltern sprechen oft nicht mit ihren Kindern über den Krebsverdacht, um sie nicht unnötig zu belasten. Aber das Gegenteil ist der Fall, denn eine Ausgrenzung der Kinder aus dem Familiengeschehen ist schmerzhafter als die Wahrheit, die ihnen vorenthalten wurde. Sollte sich der Verdacht auf eine Krebserkrankung nicht bestätigen ist es wichtig sofort „Entwarnung“ zu geben. Ihr Kind macht durch die Gespräche die positive Erfahrung, dass es von Ihnen über wichtige Ereignisse in der Familie informiert wird.

Wenn die Diagnose feststeht und Sie Ihr Kind darüber informieren wollen, ist es wichtig, dass sich die Eltern absprechen, damit das Kind von beiden Elternteilen die gleichen Informationen erhält. Dabei ist es sinnvoll die Wahrheit zu sagen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie alles sagen oder beantworten müssen. Je älter Ihr Kind ist, desto mehr können Sie ins Detail gehen.

Tipps wie ein Gespräch gut gelingen kann:
Verwenden Sie eine einfache, kindgerechte Sprache.
Geben Sie jedem Kind die gleichen Informationen - altersgerecht aufbereitet - um keine Geheimnisse vor einzelnen Familienangehörigen zu haben.
Sprechen Sie mit ihrem Kind in einer sicheren, geschützten Atmosphäre (z.B. zu Hause).
Lassen Sie ihrem Kind wenn nötig eine Rückzugsmöglichkeit: wenn es nicht darüber sprechen möchte geben Sie ihm die Zeit die es braucht – Kinder spüren sehr gut wie viel sie im Moment aushalten können.
Bleiben Sie bei der Wahrheit – es gibt kein „zu viel“ an Ehrlichkeit solange Kinder sich das wünschen! Auch wenn im schlimmsten Fall eine massive Verschlechterung der Situation erwartet wird, sollten auch die Kinder eine Chance haben sich darauf vorzubereiten. Das bedeutet nicht, dass Sie alles sagen oder beantworten müssen. Je älter Ihr Kind ist, desto mehr können Sie ins Detail gehen.
Sprechen Sie aus, dass niemand Schuld an der Krebserkrankung hat – schon gar nicht das Kind!

Hilfreich kann auch sein Gefühle wie Wut oder Angst anzusprechen („Ich kann mir vorstellen, dass Du...“) um den Kindern deren eigenen Gefühle zu „erlauben“. Angst, Traurigkeit oder Wut sind im Falle einer ernsten Erkrankung bei Groß und Klein völlig normal! Daher ist es für Kinder belastend, wenn in solchen Krisensituationen von ihnen besondere Tapferkeit eingefordert wird („Du musst jetzt besonders brav sein.“ „Wir müssen uns jetzt alles zusammenreißen.“...).

Durch das Bewältigen von Krisen können die gelernten Bewältigungsmechanismen eine wichtige positive Erfahrung für weitere Krisen im späteren Leben darstellen.

In der Österreichischen Krebshilfe Steiermark können Sie für sich und / oder Ihre Angehörigen persönliche Beratungsgespräche mit erfahrenen PsychoonkologInnen  vereinbaren. Ein Gespräch mit den ExpertInnen bringt oft Erleichterung und Hilfe, da vieles an- und ausgesprochen werden kann.

Zum Abschluss:
10 Wünsche für mich
Was sich Kinder von der Familie, von Freunden und Bekannten, Ärztinnen, von Kindergarten und Schule,...wünschen, wenn Mama oder Papa Krebs hat

(vgl. Mama/Papa hat Krebs; Broschüre der ÖKH)

1)    Sprich mit mir – ich gehöre auch dazu.
2)    Sag mir die Wahrheit. Das ist schwer für mich, aber leichter als mit meiner großen Angst alleine zu sein.
3)    Erkläre mir die Sachen so, dass ich sie verstehen kann. Bitte setz dich mit mir hin und verwende einfache Worte, die ich gut verstehe.
4)    Komm zu mir und schau mit mir gemeinsam nach, ob ich von dir etwas wissen will. Von alleine traue ich mich nicht zu dir zu kommen, weil ich dich ja vielleicht nicht so gut kenne, weil du wenig Zeit hast und ich mich manchmal davor auch fürchte.
5)    Mitunter will ich etwas nicht wissen – dann lass das bitte zu.
6)    Sag mir, dass ich nicht schuld bin, dass Mama/Papa krank ist.
7)    Erkläre mir, was ich für meine Mama oder meinen Papa tun kann – ich will auch helfen.
8)    Manchmal will ich auch mit meinen Freunden spielen, wegfahren und Spaß haben. Bitte erkläre meinen Eltern, dass das normal ist und ich sie trotzdem lieb habe.
9)    Ich muss wissen, wer auf mich aufpasst, mir etwas kocht, mich in den Kindergarten oder die Schule bringt und bei mir ist, wenn ich krank bin. Bitte sag meinen Eltern, wie wichtig das für mich ist.
10)    Interessiere dich für mich, auch wenn du der Arzt / die Ärztin meiner Mama oder meines Papas bist.

Quellen:
Mama/Papa hat Krebs (2005). Broschüre der Wiener Krebshilfegesellschaft.
Krejsa, S: (2004). Mama hat Krebs: Mit Kindern die Krankheit begreifen. Stuttgart: Kreuz Verlag.
Broeckmann, S. (2002). Plötzlich ist alles ganz anders- wenn Eltern an Krebs erkranken. Stuttgart: Klett- Cotta.