Thema des Monats November: "Bewegung und Sport bei Krebs"

Zusammengestellt von Mag. Nina Bernhard, Bakk., Klinische und Gesundheitspsychologin, Arbeitspsychologin und Beratungsteamleiterin bei der Krebshilfe Steiermark sowie Sprecherin der Beraterinnen der Österreichischen Krebshilfe.

Oscar Wilde sagte einst: „Es kommt darauf an, den Körper mit der Seele und die Seele durch den Körper zu heilen.“

Dass sportliche Aktivitäten in angemessenem Rahmen gut für unsere Gesundheit, aber auch für unsere Psyche sind, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. So wurden beispielsweise in Studien die Verbesserung des Gesundheitsverhaltens, der  Leistungsfähigkeit, Muskelkraft, Lebensqualität, aktuellen Stimmung, Grundstimmung, Depressivität und Müdigkeit sowie die Linderung von Angst als positive Aspekte nachgewiesen.

Lange wurde befürchtet, dass Sport den ohnehin strapazierten Körper zusätzlich belastet oder sogar die Krankheit verschlimmern könnte. Mittlerweile hat sich jedoch herausgestellt, dass Bewegung und Sport den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können. Denn gezielte, regelmäßige Bewegung kann die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern, das Erschöpfungssyndrom (=Fatigue) vermindern und damit die Lebensqualität steigern.

Während der Chemotherapie kann mit Bewegung beispielsweise Fatigue behandelt werden. Auch Nebenwirkungen von Operationen können durch körperliche Bewegung positiv beeinflusst werden (z.B. kann durch körperliche Aktivität die Zeit der Harninkontinenz nach einer radikalen Prostataentfernung verkürzt werden). Ob eine Verbesserung der Heilungsrate durch Bewegung und Sport erreicht werden kann wird derzeit gerade wissenschaftlich untersucht.

Wie wirkt sich Bewegung bei Krebs aus?

(vgl: Bewegung bei Krebs, Österreichische Krebshilfe, 2012)

Positive Effekte auf den Körper konnten in den Bereichen Bewegungsapparat und Beweglichkeit, Herz-Kreislauf-System, Stoffwechsel, allgemeine Fitness und das  Abwehrsystem nachgewiesen werden.

Positive Effekte von Bewegung auf die Seele konnten in den Bereichen der Stimmung, Depressivität, Angsterleben und Selbstvertrauen festgestellt werden. Weiters hat Sport positive Auswirkungen beim Kennenlernen des eigenen (veränderten) Körpers.

Wann beginnen mit dem Bewegungstraining?

Wenn Sie sich gerne mehr bewegen bzw. sportlich betätigen möchten sprechen Sie zuerst mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin! Der Arzt/die Ärztin kennt Ihre Situation genau und kann am Besten Auskunft geben, welches Bewegungspensum und welche Bewegung für Sie sinnvoll ist.

Während der Therapie: Grundsätzlich kann nach erfolgter ärztlicher Absprache ein Bewegungstraining während der Therapie begonnen werden. Kontraindikationen wären fieberhafte Infektionen, erhöhte Blutungsneigung, Anämie etc.

Nach der Therapie: Häufig ist nach Therapieende erst ein langsamer und gezielter Leistungsaufbau nötig.

Achtung:

Wichtig dabei ist, dass Sie Ihr Training nicht übertreiben und darauf achten, dass es zu keiner Überlastung kommt! Heben oder tragen Sie keine schweren Sachen! Beim Training dürfen Sie keine Schmerzen verspüren! Lassen Sie sich (sport)ärztlich begleiten!

Bewegung und Sport bei verschiedenen Krebsarten

Nicht jede Bewegungsform und jede Sportart sind für alle Krebsarten geeignet. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die möglichen Trainingsarten bei einigen Krebsarten gegeben werden. Ihr Arzt / Ihre Ärztin wird sie gerne genauer informieren.

Brustkrebs:

Gezielte Krankengymnastik kann Verkürzungen des Muskelgewebes und einem eventuellen Lymphstau vorbeugen. Empfehlenswert sind grundsätzlich alle Bewegungsrichtungen und alle sanften, fließenden Bewegungen. Beispiele dafür wären Radfahren, Wandern, Schwimmen.

Prostatakrebs:

Rehabilitationssport kann unter anderem die Inkontinenz verbessern, die Beckenbodenmuskulatur stärken und die Impotenz positiv beeinflussen. Empfehlenswert für Prostatakrebspatienten sind Kräftigungsübungen und Ausdauersportarten (Nordic Walking, Schilanglauf...). Wenn Sie nicht mehr an Inkontinenz leiden ist auch Schwimmen sehr empfehlenswert. Vorsicht ist geboten bei Ballspielen: Die Verletzungsgefahr ist relativ groß und es besteht die Gefahr einer Überlastung! Radfahren sollte frühestens sechs Monate nach der Entfernung der Prostata wieder ausgeübt werden.

Darmkrebs:

Nach einer großen Bauchoperation ist auf das Heben von schweren Gewichten und auf intensive körperliche Belastungen zu verzichten (z.B. schwere Gartenarbeit). Zu empfehlen sind Ausdauersportarten (Radfahren, Nordic Walking, Wandern, Schwimmen), wobei ausrechend zu essen und trinken wichtig ist! Ruckartige, reißende Bewegungen (z.B. Tennis) sind zu vermeiden.

PatientInnen mit Stoma sollten Gymnastikübungen, bei denen sie auf dem Bauch liegen, vermeiden

Lungenkrebs:

Gerade für LungenkrebspatientInnen sind körperliche Aktivitäten wichtig, um die Lungenfunktion und die Atemmuskulatur wieder zu trainieren.

Vor allem Gymnastik zur Rehabilitation ist wichtig. Im Falle einer Lungenresektion werden atemgymnastische Übungen durchgeführt, um den verbleibenden Lungenteil bei der nun vermehrten Atemarbeit zu unterstützen. Zur Stärkung des Rückens und der Brust sind Kräftigungsübungen und Dehngymnastik wichtig. Ergänzend dazu sollten Bauchübungen eingesetzt werden, um die körperliche Stabilität und Haltung zu verbessern.

Grundsätzlich gilt: Überlastung vermeiden und jede Trainingseinheit langsam angehen! Sportarten, die einen intensiven Körperkontakt mit sich bringen und Wettkampf betonen, sind für Lungenkrebskranke ungeeignet.

Lymphom & Leukämie:

Leukämie- und LymphompatientInnen haben meist einen anstrengenden Therapieplan. Bewegung und Sport sollen daher im Krankenhaus schon einen allfälligen Muskelabbau verhindern. PatientInnen haben oft ein geschwächtes Immunsystem. Achten Sie daher darauf, dass Sie sich beim Sport nicht mit Keimen infizieren (z.B. im Hallenbad, in der Sauna...). Ausdauersport empfiehlt sich, allerdings sollte der Puls unter Belastung nicht höher als 150 (Blutdruck nicht höher als 160/100) sein, wenn Sie niedrige Thrombozytenwerte haben. Beim Krafttraining sollten Sie nur 50 bis 70 Prozent Ihrer Kraft an den Geräten anwenden, stoßende und reißende Bewegungen sind zu vermeiden.

Allergrößte Vorsicht gilt bei Betroffenen mit Knochentumoren und Knochenmetastasen! Durch schnelle ruckartige Bewegungen oder durch Stöße und Stürze kann der betroffene Knochen brechen.

Grundsätzlich gilt: „Viel ist viel“ ist nicht immer das beste Rezept. Gerade Krebs-Betroffene brauchen manchmal Pausen. Vielleicht kann durch die Behandlung vorübergehend kein Sport gemacht werden. Danach sollte zunächst einmal „klein“ angefangen werden. Im Laufe der Zeit werden Betroffene Ihren Körper wieder kennen lernen und herausfinden, was sie ihm zumuten können.

Für alle Krebsarten gilt: Übungen erst beginnen, wenn die Operationsnarbe vollständig abgeheilt ist. Und auf jeden Fall vorher den behandelnden Arzt/ die behandelnde Ärztin fragen, ob schon Sport betrieben werden darf!

Viel Freude an der Bewegung!