Thema des Monats November "Krebs und Bewegung"

Zusammengestellt von Maximilian Presker, MSc, Klinischer Psychologe bei der Krebshilfe Steiermark.
 

Krebs und Bewegung

 

Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit wünschen wir uns Ruhe und Erholung. Die Tage werden kürzer und gerne igeln wir uns gemütlich zu Hause ein und verbringen den Tag mit einem guten Buch, unsere Lieblingsserie oder einer Tasse Tee auf der Couch oder unserem Lieblingssessel. Erholung ist ein wichtiger Teil unseres Alltags aber eben nur ein Teil. Denn wer kennt nicht auch das Sprichwort: „Wer rastet, der rostet“? Gerade jetzt ist Bewegung beziehungsweise noch wichtiger in Bewegung zu bleiben von großer Bedeutung. Denn mit der Gemütlichkeit zu Hause kommt auch die Kälte und die Dunkelheit der Jahreszeit.

Eine schwere Erkrankung wie Krebs belastet unseren Körper aber auch unsere Psyche in der Regel sehr. Dass körperliche Aktivität und eine Krebserkrankung sich nicht gegenseitig ausschließen ist mittlerweile bekannt. In zahlreichen Studien konnte eine Verbesserung der Symptome selbst aber auch der Nebenwirkungen der Therapie festgestellt werden. Positive Effekte auf unseren Körper zeigen sich dabei im Bereich unseres Bewegungsapparats, des Herz-Kreislauf-Systems, Stoffwechsel und unseres Abwehrsystems. Aber wie bereits erwähnt hat Sport und Bewegung auch einen positiven Effekt auf unsere Psyche. So konnte gezeigt werden, dass sich Sport positiv auf unserer Stimmung, unsere Angsterleben, unsere Selbstvertrauen und unsere Körperwahrnehmung auswirkt.

 

Was muss anfangs beachtet werden?

 

Nicht jeder Krebspatient ist gleich. Viele Faktoren – wie Art des Tumors, Nebenwirkungen der Therapie, Stadium der Behandlung und Ort der Behandlung (stationär oder ambulant) - spielen dabei eine bedeutende Rolle. Im Vordergrund sollte eine Steigerung der Lebensqualität, eine Verringerung von Nebenwirkungen und eine Wiedererlangung des Körpergefühls stehen. In einigen Fällen sollte auf anstrengende Bewegungsinterventionen verzichtet werden, beispielsweise bei noch nicht verheilten OP-Narben, instabilen Knochenmetastasen, laufender Bestrahlung in der Herzgegend oder während der ersten 24 Stunden nach einer Chemotherapie. Ähnlich verhält es sich bei akuten Erkrankungen wie fieberhaften Infekten oder Durchfall, hier sollte auf anstrengende Tätigkeiten verzichtet werden. Dabei kann unter Umständen mehr Schaden angerichtet werden als Nutzen entsteht. Nicht immer ist mehr also automatisch auch besser. Wenn Sie sich gerne mehr bewegen bzw. sportlich betätigen möchten sprechen Sie zuerst mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin! Der Arzt/die Ärztin kennt Ihre Situation genau und kann am Besten Auskunft geben, welches Bewegungspensum und welche Bewegung für Sie sinnvoll ist.

 

Wie und Was wird trainiert?

 

Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt für KrebspatientInnen ein Bewegungspensum von dreimal die Woche für jeweils 60 Minuten. Alternativ können auch fünf- bis sechsmal 30 Minuten Bewegung eingeplant werden. Dabei kommt ein bestimmter Messwert zum Einsatz, der helfen soll den Überblick zu bewahren: der sogenannte MET-Wert. MET steht für „metabolic equivalent task“ (deutsch: metabolisches Äquivalent) und ist eine Einheit des Stoffwechsels bei körperlicher Aktivität. Kurz gesagt: wie viel Energie verbraucht mein Körper pro Stunde ausgeführter Aktivität? Idealerweise sollten pro Woche 18-25 MET an körperlicher Aktivität durchgeführt werden. Besonders viel MET pro Stunde verbrauchen Sie beim Schwimmen, Joggen, Skifahren oder bei Mannschaftssport (je 7). Aber auch Hausarbeit wie Staubsagen (6), Gartenarbeit (5) und Rasenmähen (5,5) füllt schnell ihr MET-Konto. Wenn Sie es lieber ruhiger mögen können Sie auch Walken (4), Spazierengehen (3) oder Radfahren (4) um auf ihr wöchentliche Ziel zu gelangen. Wie immer sollte auch hier daran gedacht werden: Anstrengender ist nicht automatisch besser. Vielmehr geht es darum eine Mischung aus moderat anstrengenden und weniger anstrengenden Aktivitäten sowie eine Mischung aus Ausdauer-, Kraft- und Entspannungsübungen richtig zu kombinieren, um das optimale Ergebnis zu erzielen. Wie bereits oben erwähnt macht es Sinn sich bei der Erstellung und der Ausübung des Sportprogramms fachlich beraten zu lassen und seine Pläne mit seinem Arzt/seiner Ärztin im Vorhinein zu besprechen.

 

Bewegung und Sport bei verschiedenen Krebsarten

 

Nicht jede Bewegungsform und jede Sportart sind für alle Krebsarten geeignet. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die möglichen Trainingsarten bei einigen Krebsarten gegeben werden. Ihr Arzt / Ihre Ärztin wird sie gerne genauer informieren.

 

Brustkrebs:

Gezielte Krankengymnastik kann Verkürzungen des Muskelgewebes und einem eventuellen Lymphstau vorbeugen. Empfehlenswert sind grundsätzlich alle Bewegungsrichtungen und alle sanften, fließenden Bewegungen. Beispiele dafür wären Radfahren, Wandern, Schwimmen.

 

Prostatakrebs:

Rehabilitationssport kann unter anderem die Inkontinenz verbessern, die Beckenbodenmuskulatur stärken und Erektionsprobleme positiv beeinflussen. Empfehlenswert für Prostatakrebspatienten sind Kräftigungsübungen und Ausdauersportarten (Nordic Walking, Schilanglauf...). Wenn Sie nicht oder nicht mehr an Inkontinenz leiden ist auch Schwimmen empfehlenswert. Vorsicht ist geboten bei Ballspielen: Die Verletzungsgefahr ist relativ groß und es besteht die Gefahr einer Überlastung! Radfahren sollte frühestens sechs Monate nach der Entfernung der Prostata wieder ausgeübt werden.

 

Darmkrebs:

Nach einer großen Bauchoperation ist auf das Heben von schweren Gewichten und auf intensive körperliche Belastungen zu verzichten (z.B. schwere Gartenarbeit). Zu empfehlen sind Ausdauersportarten (Radfahren, Nordic Walking, Wandern, Schwimmen), wobei ausrechend zu essen und zu trinken wichtig ist! Ruckartige, reißende Bewegungen (z.B. Tennis) sind zu vermeiden.

PatientInnen mit künstlichem Darmausgang (Stoma) sollten Gymnastikübungen, bei denen sie auf dem Bauch liegen, vermeiden

 

Lungenkrebs:

Gerade für LungenkrebspatientInnen sind körperliche Aktivitäten wichtig, um die Lungenfunktion und die Atemmuskulatur zu trainieren.

Vor allem Gymnastik zur Rehabilitation ist wichtig. Im Falle einer Lungenresektion werden atemgymnastische Übungen durchgeführt, um den verbleibenden Lungenteil bei der nun vermehrten Atemarbeit zu unterstützen. Zur Stärkung des Rückens und der Brust sind Kräftigungsübungen und Dehngymnastik wichtig. Ergänzend dazu sollten Bauchübungen eingesetzt werden, um die körperliche Stabilität und Haltung zu verbessern.

Grundsätzlich gilt: Überlastung vermeiden und jede Trainingseinheit langsam angehen! Sportarten, die einen intensiven Körperkontakt mit sich bringen und Wettkampf betonen, sind für Lungenkrebskranke ungeeignet.

 

Lymphom & Leukämie:

Leukämie- und LymphompatientInnen haben meist einen (zeit-)intensiven Therapieplan. Bewegung und Sport sollen daher im Krankenhaus schon einen allfälligen Muskelabbau verhindern. PatientInnen haben oft ein geschwächtes Immunsystem. Achten Sie daher darauf, dass Sie sich beim Sport nicht hoher Keimbelastung  aussetzen (z.B. im Hallenbad, in der Sauna...). Ausdauersport empfiehlt sich, allerdings sollte der Puls unter Belastung nicht höher als 150 (Blutdruck nicht höher als 160/100) sein, vor allem wenn Sie niedrige Thrombozytenwerte haben. Beim Krafttraining sollten Sie nur 50 bis 70 Prozent Ihrer Kraft an den Geräten anwenden, stoßende und reißende Bewegungen sind zu vermeiden.

 

Allergrößte Vorsicht gilt bei Betroffenen mit Knochentumoren und Knochenmetastasen! Durch schnelle ruckartige Bewegungen oder durch Stöße und Stürze kann der betroffene Knochen brechen.

 

Zusammenfassung

 

Sport und Bewegung bringt unseren Energiehaushalt auf Touren und hilft ein gesundes Körpergewicht, unsere allgemeine Mobilität und ein starkes Immunsystem zu erhalten. Zusätzlich wirkt sich körperliche Aktivität auch positiv auf unsere Psyche und unsere Wohlbefinden aus, was direkten Einfluss auf die Lebensqualität hat. Wer regelmäßig Sport treibt verringert sein persönliches Krebsrisiko, wenn dennoch Krebs auftritt verringert sich durch Bewegung das Risiko eines Rückfalls und erhöht die Chance für eine dauerhafte Heilung und eine gesteigerte Lebensqualität. Gerade jetzt in der dunklen, kalten Jahreszeit ist Bewegung eine wichtiges Werkzeug, um unsere Stimmung zu heben und uns aktiver und wohler in unsere eigenen Haut zu fühlen. Vergessen Sie dabei aber nicht ihr Vorhaben zuerst mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin zu besprechen. Der Arzt/die Ärztin kennt Ihre Situation genau und kann Ihnen bei der Auswahl der passenden Bewegungsart und dem richtigen Bewegungspensum zur Seite stehen. Probieren Sie es aus!