Thema des Monats November: Prostatakrebs - Risiko und Früherkennnung

Der Prostatakrebs ist trotz aller Fortschritte in Diagnostik und Therapie nach wie vor eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin und eine nicht zu unterschätzende Bedrohung der Gesundheit und des Lebens vieler Männer. Deshalb lohnt es sich, sich das ganze Ausmaß des Risikos bewusst zu machen und vernünftige Schritte zur Risiko-Eindämmung zu setzen.
 

Wie groß ist eigentlich das Risiko?

Mit einer Inzidenz von über 6 000 Neuerkrankungen jährlich ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Das Risiko an Prostatakrebs zu erkranken beträgt in Österreich 16%, d. h. einer von sechs Männern muss im Laufe seines Lebens mit dieser Diagnose rechnen.
Auch die Sterblichkeit ist nach wie vor hoch und beträgt 3% (also jeder 33. Mann), was dazu führt, dass alle 7 Stunden ein Österreicher an Prostatakrebs stirbt. Das sind doppelt so viele wie im Straßenverkehr, obwohl die 5-Jahres-Überlebensrate mit mehr als 90% vergleichsweise hoch ist.
Dieses hohe Todesrisiko kann in ganz Europa beobachtet werden. So sterben in der Europäischen Union täglich rund 250 Männer an Prostatakrebs – also insgesamt mehr als 90 000 pro Jahr.

Die Risikofaktoren
Im Laufe der Jahre wurde eine ganze Reihe von Risikofaktoren für die Entstehung eines Prostatakrebses identifiziert.
Der mit Abstand größte Risikofaktor ist das Alter. Während Prostatakrebs vor dem 40. Lebensjahr nur sehr selten auftritt (1 von 10 000), nimmt die Wahrscheinlich ab dem 45. Lebensjahr rasch zu. Deshalb markiert dieser Zeitpunkt auch den Beginn der Vorsorgeuntersuchung.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die sog. „familiäre Häufung“. Obwohl Prostatakrebs nicht im strengen Sinn vererbt wird, verdoppelt sich das Erkrankungsrisiko für jedes weitere Familienmitglied oder wird sogar noch höher, wenn zwei oder mehr direkte Verwandte bereits betroffen sind.
Darüber hinaus spielen ethnische Zugehörigkeit (Afro-Amerikaner haben ein höheres Risiko, Asiaten ein geringeres) und Ernährungsgewohnheiten eine gewisse Rolle. Ein Zuviel an „rotem Fleisch“ erhöht das Risiko, während Fisch, Obst und Gemüse – wesentliche Bestandteile der mediterranen und südostasiatischen Küche – das Erkrankungsrisiko senken.

Was kann man dagegen tun?
Im Unterschied zu manch andere Krebsarten können wir abgesehen von der Ernährung  - und auch das wäre nur bedingt hilfreich – die entscheidenden Risikofaktoren wie Älterwerden, Verwandtschaft oder ethnische Zugehörigkeit natürlich nicht verhindern. Es braucht also eine völlig andere Strategie. Das Ziel ist demnach nicht „Prostatakrebs zu verhindern“, weil das gar nicht möglich ist, sondern vielmehr Prostatakrebs so früh zu entdecken, dass eine gute Chance auf Heilung besteht.

„Na gut, sobald ich etwas spüre, lass` ich mich untersuchen.“
Diese weit verbreitete Haltung klingt auf den ersten Blick durchaus plausibel, leider hat sie einen Haken: sie funktioniert nämlich nicht.
Natürlich kann es vorkommen, dass bei Männern, die wegen Problemen beim Harnlassen untersucht werden, auch Prostatakrebs zufällig und frühzeitig erkannt wird. Solche Symptome sind aber kaum jemals typisch für einen Prostatakrebs im Frühstadium und eher auf die weit verbreitete gutartige Vergrößerung der Prostata (BPH, benigne Prostatahyperplasie) zurückzuführen.
Prostatakrebs im Frühstadium macht nämlich keine Symptome – es muss gezielt danach gefahndet werden und das geht nur durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, die angesichts der Risikosituation ab dem 45.Lebensjahr (bei familiärer Vorbelastung schon ab dem 40. Lebensjahr) beginnen sollen.

Okay, also Vorsorge – wie kompliziert und belastend ist das eigentlich?
Der entscheidende Durchbruch im Kampf gegen den Prostatakrebs gelang erst Ende der 1980er Jahre mit der Entdeckung von PSA (Prostataspezifisches Antigen), ein im Blut gemessenes Eiweiß, das zwar grundsätzlich bei jedem Mann vorkommt, dessen Höhe aber den begründeten Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatakrebses lenkt. Ergänzt um den Tastbefund der Prostata (Palpation) wird daher eine jährliche Bestimmung von PSA zur Vorsorge empfohlen.
Das klingt einfach, hat aber auch mitunter seine Tücken. Das liegt daran, dass Prostatakrebs neben einer Vielzahl von gutartigen Ursachen eben nur eine – wenn auch die wichtigste – Ursache für einen erhöhten PSA-Wert sein kann.

Und wie löst man dieses Problem?
Während in der Vergangenheit ein erhöhter PSA-Wert praktisch zwangsläufig eine Gewebeprobe (Biopsie) zur Folge hatte, die bei negativem Ergebnis mitunter mehrere Male wiederholt wurde, geht man heute wesentlich strukturierter, etablierten internationalen Standards folgend und vor allem für die Patienten weniger belastend vor.
Das wurde nur dadurch möglich, weil die Bildgebung, die – anders als bei praktisch sämtlichen anderen Tumorerkrankungen – bis vor kurzem nur eine untergeordnete Rolle spielte, mit der Einführung des mpMRT (multiparametrische Magnetresonanztomographie) die Diagnostik von Prostatakrebs entscheidend verbessert hat.
Somit gilt heute als Standard: ein erhöhter PSA-Wert wird erst einmal durch eine zweite Messung im Abstand von 6 bis 8 Wochen kontrolliert. So lange kann es nämlich dauern, bis ein zufällig erhöhter PSA-Wert sich wieder normalisiert hat. Bleibt der Wert aber erhöht, folgt als nächster Schritt ein mpMRT. Zeigt dieses verdächtige Areale erfolgt eine sog. „Fusions-Biopsie“, bei der die Daten des mpMRT durch eine spezielle Software mit dem transrektalen Ultraschall zur Deckung gebracht („fusioniert“) werden können, was die gezielte Gewebsentnahme aus verdächtigen Arealen erlaubt. Da nicht jeder Prostatakrebs im mpMRT auch sichtbar sein muss, soll bei begründetem Verdacht auch trotz „normalem“ mpMRT eine Gewebeprobe entnommen werden – dann aber traditionell als systematische Biopsie.
Der Vorteil dieser Vorgangsweise liegt darin, dass wenn bei einer Fusions-Biopsie kein Krebs nachgewiesen werden kann, die früher üblichen Wiederholungsbiopsien entfallen können – zumindest so lange bis sich klinische Parameter verändern (weiterer PSA-Anstieg, veränderter Tastbefund).

Betroffene Männer können die Diagnose „Prostatakrebs“ zwar nicht verhindern – wohl aber dafür Sorge tragen, dass durch eine rechtzeitige Diagnose und Therapie die möglichen Folgen überschaubar bleiben, indem Sie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen.
Es ist eines der vornehmlichen Ziele der „Movember-Bewegung“ (das Wort setzt sich aus „Moustache“, Schnurrbart, und „November“ zusammen), alljährlich im Monat November an die Prostatakrebs-Vorsorge zu erinnern und das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen.

Nützen Sie daher die Möglichkeit zu einer Früherkennung – natürlich nicht nur im November.

Karl Pummer

Univ.-Prof. Dr. Karl Pummer
Facharzt für Urologie in Graz
Ehemaliger Vorstand der Universitätsklinik für Urologie Graz
Vorstandsmitglied der Österr. Krebshilfe Stmk